|
Sonntag, 30.11.97
So schön kann Barock sein. Wie ein sanfter Gebirgsbach plätschert die spanische Treppe hinunter in eine ockerfarbene und rostrote Stadtlandschaft. Der Blick hinauf wird angezogen von
einem in die Achse gestellten Obelisken. Goethe ist dabei gewesen, als man dessen Fundamente aushob und eine weitere ägyptische Stele aufrichtete, einen weiteren Nagel in den Stadtboden rammte, an denen sich die
wichtigen Strassenachsen des ansonsten wirren Stadtgefüges aufhängen. Dahinter ragt die Fassade von Trinita del Monte mit zwei Türmen in den grauen Himmel. Und als ob sie schmunzeln würde über all die Symmetrie, die
auf der Treppenachse auf sie zukommt, dreht sie sich leicht zur Seite, wendet den Blick weg von den weltlichen Tiefen, schaut hinüber zum Vatikan.
Die Treppe mündet ins schmalhüftige Zentrum der Piazza di Spagna, die im Grundriss einer liegenden Eieruhr ähnelt. Sie ist gesäumt von prächtigen Stadthäusern, Palmen stehen jener
Mariensäule gegenüber, der der Papst nächsten Montag seinen alljährlichen Besuch abstattet. Karol wird hier kniefällig werden, um die Verkündung des Dogmas von Mariens unbefleckter Bettwäsche zu feiern. Es ist erst
140 Jahre her, als die Kirche so streng werden mußte. Bedenklich wuchs die Zahl der Zweifler am Klapperstorch.
An der schmalsten Stelle des Platzes, am Fuße der Treppe, findet sich noch ein barockes Schmankerl: Die Fontana della Barcaccia mit Zischlaut auf der Endsilbe. Ein abgesoffenes Boot in
Stein gehauen wird zum Brunnen. Welch skurrile Idee! Kein Versuch von aufgesetzter Gelehrsamkeit, das fröhliche Plätschern allein macht Sinn, man möchte sich reinlegen, am liebsten nicht alleine und Kußhand werfen
hinauf zu Maria auf ihrem Trockengestell.
|